Heilung,
im Sinne von 'Ganz Werden’ findet auf vielen Wegen statt.
Manchmal auch am Kaffeetisch.
So ging es mir beim letzten Familienbesuch.
Mein Patenonkel, der jetzt gerade 88 Jahre alt wurde, also 1936 geboren, erzählte von seinen Kindheitstagen.
Wie er zu seinem Vater gelaufen kam, als ihnen gesagt wurde, dass sie nach dem Krieg das damalige Sudetenland zu verlassen haben mit 50 kg Gepäck. Sonst nichts.
(Heutzutage fliegen wir mit 23 kg in den Sommerurlaub - pro Person.)
Wie er sich an Wachposten durchmogelt musste, um seinen Vater zu finden, der in der Kaserne eingesperrt war, weil die Tschechen Angst vor deutschen Männern hatten.
Grün und blau geschlagen fand er seinen Vater vor, der sagte:
"Toni, du musst mein Werkzeug einpacken. Nehmt an Kleidung nur das Nötigste mit. Die kann man überall kaufen. Mit meinem Werkzeug kann ich Brot verdienen.”
Gesagt, getan. Toni rannte zurück ins Gutshaus, während sein älterer Bruder Walter die Mutter suchte, die beim Zahnarzt war und nicht wusste, dass sie am nächsten Morgen alles zurück zu lassen hatten.
Mein Onkel erzählt wie ruhig und gefasst die Mutti sich ans Packen machte. Haus, Hof, Tiere alles blieb zurück. Nur mit ein paar Koffern, mit hauptsächlich Werkzeug, machte sie sich mit ihren 6 Kindern auf den Weg zum Bahnhof, wo sie mit unzähligen anderen in Viehwaggons gepfercht wurden. Wo sich der kleine Toni, wie er erzählte übergeben musste, weil es keine Luft gab.
Und während mein Onkel erzählt und noch viel mehr erzählt.
Und ich Fragen und Fragen stelle und mein Vater sagt:
"Das interessiert dich aber sehr.”
Ist sie da die Präsenz.
Mein Opa, der verstarb als ich 6 Jahre alt war. Meine Oma. Selbst meine Urgroßeltern, von denen er erzählt und die ich nie getroffen habe. Ich spüre sie.
Und in mir wird es warm und groß und ich spüre ihren Spirit. Liebe.
Kein Denken. Nur im Herzen. Fühle. Verstehe. In natürlicher Verneigung vor ihrer Reise.
Und in mir wird etwas heiler. Ganzer. Etwas von dem ich gar nicht wußte, dass es nicht ‘eingeklickt’ war.
Seitdem spüre ich soviel mehr Nähe zu meiner Familie.
Zu meinem Opa, an den ich kaum Erinnerungen habe.
Ich weiß sie stehen hinter mir.
Stolz und stark.
Einfache Menschen mit der Ehre am rechten Fleck.
Verletzt, verwundet, vom Leben gezeichnet.
Mit Träumen, die keine Chance hatten je geboren zu werden.
Sie sind Überlebende, wie die gesamte Generation nach dem 2. Weltkrieg.
Wegen ihnen, dank ihrer, bin ich hier.
Sind wir hier. Du und ich.
Sie hätten, wie viele andere, aufgeben können.
Doch sie taten es nicht.
Sie wollen kein Mitleid. Sie haben ihr Leben gelebt, genau wie es ein sollte.
In Wahrheit wollen sie gar Nichts.
Es geht nicht um sie.
Es geht um uns.
Die Lebenden.
Nehmen wir ihre Erfahrungen an? Die Guten wie die Schlechten?
Sagen wir 'Ja' zu ihnen und sagen damit 'Ja' zu uns selbst?
Hören wir auf sie auszublenden und damit Aspekte unserer selbst?
Wenn wir es wirklich ernst meinen mit dem 'Ganz' sein - dem 'Heil' sein,
dann ist das die Einladung an uns. Ein oftmals blinder Fleck, der ins
Licht möchte.
Nicht immer, nicht oft, ist es uns möglich die Geschichten von ihnen selbst zu hören.
Vielleicht sind sie schon nicht mehr da.
Wollen nicht darüber reden oder können es nicht.
Oder wir haben gar nicht die Beziehung zu ihnen sie danach zu fragen.
Falls doch, dann kann ich dich nur ermutigen: Frage!
Denn das erklärt dir soviel über dich selbst.
Doch auch, wenn es irdisch nicht möglich sein sollte
so haben wir andere Ebenen über die es geht.
Uns als Mosaik in der Blume des Lebens zu verstehen.
Eingewoben in die Tapesterie der Familie, jenseits von Zeit und Raum.
Leben sie in uns. Großeltern, Urgroßeltern.
Echte Menschen. Genau wie wir.
Im nächsten # Blog Artikel spreche ich darüber:
Über Ahnenheilung.
Warum manche, viele von uns, sich dazu hingezogen fühlen.
Was es bedeutet.
Welche Wege es gibt.
Welche Hilfe wir dir dafür anbieten können.
Lass mich für hier mit einem Zitat Schließen
von Bert Hellinger:
"Wir sind der wahr gewordene Traum unserer Vorfahren."
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